von Imke Kappernagel
Vor fast zehn Jahren wurde die alternative Kunstgalerie Raf Projects in Teheran gegründet. Seit zwei Jahren arbeitet das Kuratorenkollektiv nun von Berlin aus an einem Austausch zwischen Iran und Deutschland und daran, die Welt ein Stück näher zusammen zu bringen. Der Name, der bei so manch einem Verwunderung hervorruft, ist dabei eine Referenz auf ein persisches Wort aus der Tradition des Häuserbauens und bedeutet so viel wie „Ort, an dem das Kunstwerk hängen kann.“
An dieser Stelle ist also schon ein Unterschied aufgetan. Es könnte ein beliebiges Blabla über andere Kulturen, das Reisen und den Mehrwert des Andersseins eingefügt werden. Sparen wir uns den westlichen Weltverbessererblick und schauen wir lieber auf Augenhöhe darauf, womit Raf die Kulturszene bereichert.
Der erste Ausstellungsraum eröffnete in Teheran 2012. Zu dieser Zeit – damals als die Kunstsammlung Farah Dibas noch nicht zum Lifestyle-Thema in Berlins Yuppie-Bars erklärt worden war – gab es in Teheran nur zwei weitere, eher kommerzielle Galerien aus der alternativen Szene. Raf war dabei die erste Galerie, die aus einer Subkultur entstanden und die offizielle Erlaubnis des Iranischen Kulturministeriums erhielt, austellen zu dürfen. Das bedeutete hauptsächlich, dass sie mit Öffentlichkeitsarbeit und dem Verkauf von Arbeiten zur Refinanzierung des Ortes die Möglichkeit bekam, zu wachsen.
Alireza Labeshka, Vorsitzender bei Raf Projects e.V., beschreibt im Interview dabei diese Zeit in Teheran als eine voll von fantastischen, unglaublichen Projekten und Potenzialen. Anders als heute hatte die Stadt, in deren Metropolregion 20 Millionen Menschen leben, nur ca. 15 Galerien, sodass junge Künstler:innen Orte für sich und ihr schaffen dringend benötigten. Viele erhielten so die Möglichkeit auf eine Zusammenarbeit, um später auch international in Dubai und den USA erfolgreich werden zu können, wie z.B. Maryam Amirvaghefi und Ziba Rajabi.
Diese erfolgreiche Arbeit wird nun also in Berlin fortgesetzt und bietet trotz Konkurrenz zu anderen Projekten und Sprachbarrieren viele Vorteile, so Alireza weiter. Neben einer Vielzahl von verschiedensten Veranstaltungen und der internationalen Kunstszene in Reichweite sind vor allem die im globalen Vergleich niedrigen Lebenshaltungskosten immer noch ein wichtiger Beweggrund für die Kultur der Welt, sich in Berlin zu versammeln.
„Die Berliner Kunstszene ist voll von Konkurrenz“
Rivalen, sagt Alireza weiter, gibt es in Berlin viele. Raf hat trotzdem den ersten Schritt geschafft und sich selbst in die Szene eingeführt. Nicht viel Kontakt zu anderen Iranischen Vereinen ist dabei eine weitere Schwierigkeit, an der noch gearbeitet werden soll. Raf Projects e.V. ist ein eingetragener Verein, der sich allein aus Spenden finanziert. Diese kommen von individuellen Spendern und Kulturprojekten Deutschlands und der EU.
Mit seinem Fokus auf zeitgenössische Kunst zeigt Raf immer wieder Ausstellungen in Zusammenarbeit mit der Erstererster Galerie im Prenzlauer Berg. Dabei sind die Themen in Bezug auf den Iran oft universeller lesbar. Rythem of Silence, eine Ausstellung die vielleicht bald wieder in Wien zu sehen sein wird, verhandelte im Mai dieses Jahres beispielsweise Teheran als Raum und Nicht-Raum mit den Medien Fotografie, Klang und Video. Was eine Stadt ist und was sie nie wieder sein kann, ist dabei eine Frage, die sich in selber Art und Weise auch für Berlin stellen lässt.
Zwischen dem 12. und 26. September wird ein Gemeinschaftsprojekt unter der Beteiligung verschiedener Iranischer Künstler:innen und Grafikdesigner:innen aus den Ra Graphic Studios in Teheran in der Erstererster Galerie zu sehen sein. Für die Buchmesse Frieds with Books werden außerdem aktuell verschiedene Bände ausgearbeitet.
„Austausch ist der Schlüssel für alle unsere Projekte“
In Kooperation mit dem ZK/U finden weiter regelmäßige Austausche über ein Artist in Residence Programm statt. Im Jahr 2018 wurden insgesamt sechs Iranische Künstler:innen nach Berlin eigeladen, denen es dadurch möglich war, in einem Studio die Kunst und die Künstler:innen der Stadt Berlin kennen zu lernen. Beworben hatten sich dabei über 150 junge Iraner:innen. In Zusammenarbeit mit dem Kaaf Institut in Teheran besuchen Berliner Künstler:innen im Gegenzug regelmäßig Teheran und seine Kunstszene.
„Menschliche Aktivität und Beziehungen sind das Beste, was Raf geschafft hat“
Im Spannungsfeld seiner sozio-kulturen Umgebung leistet Raf mit seinem Ansatz des Dialogs, ohne Bevormundung und Therapierungsbedürfnis einen wichtigen Beitrag. Künstler zeigen dabei nicht nur ihre Kunst, sondern entdecken auch die Welt der Anderen. Vielmehr als um die Belehrung des Publikums, dass andere Teile der Welt auch Kunst machen und der Welt “Hallo” sagen können, geht es um die unmittelbaren Ereignisse um uns herum – egal wem Trump gerade mal wieder die Einreise verbietet.
Alle Bilder wurden freundlicherweise von Raf Projects e.V. zur Verfügung gestellt.
Ein Kommentar zu „Raf Projects: Berlin ist Teheran ist Berlin.“